Zusammenfassung
Die perioperative Betreuung von Patienten mit Phäochromozytom setzt präzise Kenntnisse
der pathophysiologischen Grundlagen, spezifischen Komplikationsmöglichkeiten und medikamentösen
Strategien voraus. Essenziell ist beispielsweise die präoperative Vorbehandlung mit
einem a–Rezeptorenblocker. Intraoperativ kann es zu ausgeprägten Hypertensionen, tachykarden
Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz und massiven Blutungen kommen. Postoperativ
drohen lang anhaltende Blutdruckabfälle und Hypoglykämien. Ein entsprechendes Monitoring,
Volumenmanagement sowie der gezielte Einsatz kreislaufwirksamer Pharmaka sind unabdingbar.
In diesem Artikel werden die wesentlichen pathophysiologischen Zusammenhänge sowie
die sich hieraus ergebenden Konsequenzen für die Anästhesieführung umfassend, aber
dennoch kompakt dargestellt.
Abstract
Perioperative management of patients with phaeochromocytoma requires detailed knowledge
on the pathophysiology and potential complications. Intraoperatively, hypertensive
crisis and tachyarrhythmias may occur resulting from massive catecholamine release.
Thus, preoperative treatment with the α–antagonist phenoxybenzamine is obligatory.
In contrast, sodium nitroprusside is the substance of choice for intraoperative control
of blood pressure. α–blocking agents may be used in phaeochromocytoma but only under
sufficient α–blockade. Removal of a malignant tumour of the adrenal gland may induce
massive haemorrhage, and thus anaesthetic management has to be modified.
Schlüsselwörter:
Anästhesie - Phäochromozytom - Komplikationen
Key words:
anaesthesia - phaeochromocytoma - complications
Kernaussagen
-
Vor der elektiven Resektion eines Phäochromozytoms sollten die Patienten über mindestens
2 Wochen mit einem α–Rezeptorenblocker behandelt werden. Mittel der Wahl ist Phenoxybenzamin.
-
β–Rezeptorenblocker dürfen beim Phäochromozytom nur unter einer effektiven α–Blockade
eingesetzt werden, da sonst hypertensive Krisen ausgelöst werden können.
-
Trotz adäquater Vorbehandlung kann es beim Patienten mit Phäochromozytom bereits während
der Anästhesieeinleitung zu schweren, adrenergen Kreislaufreaktionen kommen. Die Narkose
sollte daher stets unter invasiver Blutdruckmessung und in Bereitschaft potenter Antihypertensiva
und eines β–Blockers eingeleitet werden.
-
Substanzen, die adrenerge Reaktionen auslösen können oder mit einer deutlichen Histaminausschüttung
einhergehen, sind beim Phäochromozytom kontraindiziert.
-
Folgende Anästhetika sollten beim Vorliegen eines Phäochromozytoms nicht verwendet
werden: Ketamin, Droperidol, Halothan, Enfluran, Desfluran, Pancuronium, Atracurium,
Succinylcholin.
-
Mittel der Wahl zur intraoperativen Blutdrucksenkung beim Phäochromozytom ist Nitroprussidnatrium.
Zur Vermeidung einer möglichen Zyanidintoxikation muss gleichzeitig Natriumthiosulfat
infundiert werden.
-
Die häufigsten Probleme nach der Resektion des Tumors sind Blutdruckabfälle und Hypoglykämien.
Selten entwickelt sich eine Nebennierenrindeninsuffizienz.
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Dr. med. Dirk Knüttgen
Email: knuettgend@kliniken-koeln.de
Prof. Dr. med. Frank Wappler